Dienstag, 14. März 2006

Nicht nur "Language is a Virus"

Carl Zimmer in "The Loom" hat eine interessante Geschichte: Wie Viren häufiger als man denkt im menschlichen Genom stranden und über die Keimbahn von Generation zu Generation weitergegeben werden. Ein paar Zahlen: Forscher haben so ca. 98000 vollständige Viren im menschlichen Genom identifiziert, dazu etwa 150000 in Fragmenten. Dies entspricht 8% des ganzen Genoms. Er liefert auch gleich die richtige Perspektive: Die codierenden Sequenzen, die den Mensch ausmachen, sind nur 1%.

Wie cool ist das denn? Extrem cool.

Die Vorstellung, dass man mit dem Rest des Lebens in gewissem Austausch steht, das Gentransfer nicht nur Bakterien vorbehalten ist, dass sogar ausgewachsene Mehrzeller ständig Injektionen von Viren-DNA erhalten, gibt dem Ganzen eine interessante Perspektive. Von wegen, Krone der Schöpfung und Alleinstellungsmerkmal. Der Mensch ist mitten drin im grossen Spiel des Lebens.
Schön ist auch, dass hier wieder eine gute Gelegenheit vertan wurde, die Evolutionstheorie zu falsifizieren: Auch diese Ergebnisse und vor allem der Vergleich mit den Virenantiquitäten in anderen Primaten zeigt die Verwandtschaftgrade, die schon vorher auf anderem Wege ermittelt wurden und ist ein weiterer, unabhängiger Beweis für die gemeinsame Abstammung. Ich frage mich, wie ein Kreationist diese Ergebnisse überhaupt nur lesen kann, ohne Kopfschmerzen aufgrund kognitiver Dissonanz zu erhalten.
Schauen wir mal: Die Seite "Reasons to Believe", eine Sammlung von links to wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit dem Grundtenor: "Wenn das schon so schwierig ist, dann muss Leben von Gott geschaffen worden sein" - Gähn - verweist mit diesen Worten
"Junk" DNA has become an icon of evolution. Evolutionary biologists maintain that junk DNA provides incontrovertible evidence for evolution. This review article describes the newly discovered functional roles that one class of noncoding DNA, endogenous retroviruses, plays in living systems. The functional importance of junk DNA indicates that careful planning by an Intelligent Designer, rather than undirected, random biochemical events, shaped the genomes of organisms.
auf diesen Artikel. Ich zitiere ein wenig aus dem abstract (My bold):
Retroelements constitute a large portion of our genomes. One class of these elements, the human endogenous retroviruses (HERVs), is comprised of remnants of ancient exogenous retroviruses that have gained access to the germ line. [...] In recent years, striking evidence has accumulated indicating that some proviral sequences and HERV proteins might even serve the needs of the host and are therefore under positive selection. The remarkable progress in the analysis of host genomes has brought to light the significant impact of HERVs and other retroelements on genetic variation, genome evolution, and gene regulation.

Aus einem Artikel, der in klaren Worten die Bedeutung der retroviralen DNA für die Evolution, für die phylogenetische Zuordnung und sogar die Benutzung für die Zwecke des Wirtes beschreibt, dies alles hervorragend unter den Bedingungen der Evolutionstheorie erklärbar, nehmen die Kreationisten nur "Junk-DNA hat eine Funktion. Ätsch." Wie armselig ist das denn?

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